Mit TimelineSetter von ProPublica und Tiki-Toki sind vor kurzem zwei neue Tools zur Visualisierung von chronologischen Abläufen erschienen. Die Ansätze sind dabei gänzlich unterschiedlich, einmal als bunte Webanwendung (Tiki-Toki.com) und im Gegensatz dazu TimelineSetter, das als Open Source Lösung hauptsächlich für Entwickler bereitsteht. Da ich bereits früher hier im Blog kurz TimeFlow angesprochen hatte, ein erster Blick auf die beiden neuen Tools.

ProPublica TimelineSetter

The Wisconsin Union Struggle Timeline - entwickelt mit ProPublicas Timeline Setter

The Wisconsin Union Struggle Timeline - entwickelt mit ProPublicas Timeline Setter

Am 22. März hat ProPublica in einem Blogbeitrag auf das neue Tool aufmerksam gemacht und es kurz darauf veröffentlicht: TimelineSetter: Easy Timelines From Spreadsheets, Now Open to All TimelineSetter soll ein Framework zur Erstellung eigener, interaktiver Zeitleisten sein und damit den Entwicklern die Arbeit erleichtern. Auch wenn Journalisten ausdrücklich mit zur Zielgruppe der Anwendung gehören, sollten Anwender über gewisse Kenntnisse technischer Infrastruktur und Anwendungen verfügen und zumindest nach aktuellem Stand der Entwicklung wissen, wie man mit Unix Betriebssystemen umgeht und Ruby schonmal gesehen haben. ProPublica selbst sagt dazu: „You don’t have to be a programmer to use it, but you do need to be comfortable using software from the command line.“ Entsprechend auch der Entwicklungshinweis: Nach ProPublica-Angaben wurde die Anwendung bislang ausdrücklich nicht auf Windows Systemen getestet, die fertige Anwendung bzw Timeline läuft natürlich trotzdem in aktuellen Browsern, unabhängig vom Betriebssystem. Daher dürften auch die „harten Fakten“ des technischen Unterbaus, eher Entwickler und technisch versierte Anwender interessieren:

TimelineSetter is mostly written in JavaScript, with a Ruby component to convert a CSV spreadsheet into a JSON object, and a command line application to bake out the HTML/CSS/JS assets ready to drop into a CMS or Amazon S3. There isn’t a server component at all.

Es werden übrigens noch Interessierte gesucht, die sich an der Weiterentwicklung der Anwendung beteiligen möchten. Kontaktdaten stehen im ersten Blogbeitrag.

Wer einen Blick auf eine mit TimelineSetter geschaffene Zeitleiste werfen will, findet in „How One Blast Affected Five Soldiers“ einen konkreten Anwendungsfall. Die Kombination mit einer Karte erlaubt Zoomen, Dragging, unterstützt iPad/iPod und HTML Code. Die Größe wird ebenso wie die Abstände zwischen Events dynamisch angepasst. In den Kommentaren zur Tool-Ankündigung wird zudem ein kurzer, rudimentärer Test der Software auf gängige Sicherheitslücken angesprochen, der offensichtlich bestanden wurde.

Timeline Setter steht für alle Interessierten als Open Source Code auf Github zur Verfügung. Die Dokumentation erklärt die ersten Schritte mit dem Tool und auch die notwendige Struktur des zu Grunde liegenden CSV Datensatzes.

Tiki-Toki

Tiki-Toki.com Screenshot

Screenshot Tiki-Toki.com

Einen gänzlich anderen Weg geht Tiki-Toki.com. Hier steht klar der technisch weniger versierte Anwender im Fokus. Einfacher Zugang und individuelle Optik von Timelines sind das Ziel.

Die Anwendung basiert auf Chronoflo, ebenfalls eine Software zur Visualisierung von Zeitleisten, allerdings noch nicht für die Öffentlichkeit freigegeben. Für die Nutzung von Tiki-Toki reicht die kostenfreie Anmeldung per Email. Damit erhält man Zugriff auf einen Basisaccount. Ein Premiumaccount mit erweitertem Funktionsumfang wird ebenfalls angeboten. Wie genau dieser aussieht, welche Features ihn ausmachen und vor allem wieviel er kostet verrät Tiki-Toki vor der Registrierung nicht.

TikiToki User Models

TikiToki User Models

Hat man sich angemeldet bekommt man schließlich auch die Übersicht der Account-Stufen. Neben dem kostenlosen Standardaccount für eine Timeline beginnt die Preisliste bei 5$/Monat (Bronze) und geht über Silver (20$/Monat) hin zu Gold (kein Preis genannt). Erst der Gold-Account berechtigt zum Installieren der Software auf eigenen Servern, untere Account-Stufen unterscheiden sich hauptsächlich durch die Anzahl der möglichen Timelines, der monatlichen Views und der Gruppenfunktion zum gemeinsamen Bearbeiten von Zeitleisten.

TikiToki - Timeline anlegen

TikiToki - Timeline anlegen

Das System zum Anlegen einer Timeline selbst ist sehr einfach und selbsterklärend. Man kann Stories anlegen und jedes Event einer Kategorie zuordnen, die man ebenfalls frei definieren kann. Tiki Toki kann Flickr, Youtube und Vimeo integrieren und lässt sich individuell farblich gestalten. Was allerdings nicht erwähnt wird ist eine Import-Funktion, auch nicht in den bezahlten Accounts. Wer also einen strukturierten Datensatz hat, dem bleibt nichts anderes übrig als jedes einzelne Event händisch in die eigene Zeitleiste einzupflegen. Das Zusammenklicken von Zeitleisten bedeutet dadurch schnell einen erheblichen Zeitaufwand. Wer allerdings nur zwischendurch einige wenige Ereignisse aufgehübscht präsentieren möchte wird vielleicht auch schon mit dem Standard-Account etwas anfangen können.

Fazit

Timeline Setter und Tiki-Toki gehen komplett unterschiedliche Wege und werden beide ihre Zielgruppen finden. Der OpenSource-Ansatz von ProPublica wird hoffentlich genug Anhänger finden, die das Tool weiterentwickeln und dabei möglichst auch die Einstiegshürden senken werden. Aktuell ist der Ansatz für den Normalanwender schlicht zu komplex und die technischen Anforderungen zu hoch um eine sehr große Anwenderzahl zu erreichen. Wer sich trotzdem mit TimelineSetter beschäftigt wird dafür jedoch mit voller Flexibilität, voller Kontrolle über die eigenen Daten und Skalierbarkeit belohnt. Timeline Setter ist damit sicher ein guter Ansatz für Teams aus Programmierern und Journalisten.

Tiki-Toki richtet sich dagegen klar an den technisch weit weniger versierten Anwender. Hier zählt das einfach umzusetzende Ergebnis. Ähnlich wie die Visualisierungsplattformen/-tools ManyEyes oder Tableau Public ist der Preis dafür allerdings das Fremdhosting der Daten, der Verlass auf eine externe Infrastruktur und die gesetzten Darstellungs- und Anwendungsgrenzen des Anbieters. Hinzu kommen Grenzen durch die zwar einfache aber zeitintensive Dateneingabe und eine fehlende Importfunktion. Zum Ausprobieren reicht der kostenlose Standardaccount.

Es gibt noch einige weitere Anbieter im Bereich Timeline-Tools. Dazu mehr in einem späteren Blogpost.