Ein kurzer Zwischenruf. Das “neue Handbuch des Journalismus und des Online-Journalismus” von Wolf Schneider und Paul-Josef Raue ist in einer neuen Auflage erschienen. Das Buch gilt allgemein als ein so genanntes Standardwerk für angehende Journalisten und ist in der aktuellen Ausgabe um ein Kapitel zum Online-Journalismus erweitert worden. Da das Buch früher auch meine ersten journalistischen Gehversuche begleitete, zucke ich immer wieder mal zusammen wenn das Thema zur Sprache kommt. Das ist aktuell wieder der Fall und den Bemühungen der Autoren geschuldet, dem Thema “Online” irgendwie gerecht zu werden.
Eins vorweg: Ich habe das Buch in der aktuellen Ausgabe nicht vollständig gelesen. Ich kenne frühere Ausgaben und habe mir die Aktualisierungen soweit verfügbar in den online verfügbaren Kapitelauszügen angeschaut. Das hat allerdings – gerade hinsichtlich der für das Thema Online relevanten Kapitel – für einen ersten Eindruck mehr als gereicht. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass sich die Autoren nicht entscheiden können und irgendwo zwischen „online müssen wir jetzt mal behandeln, wollen wir aber eigentlich nicht“ und „die Zustände in Onlineredaktionen sind schlimm aber das macht auch nichts“ pendeln.
Wenn dort sinngemäß steht, dass viele Printjournalisten die Online-Kollegen nicht achten, erwarte ich von einem „Sprachpapst“ (Schneider) und Chefredakteur (Raue) ein korrigierendes Einschreiten, ein “so sollte es nicht sein, weil…”. Wenn es angeblich einfacher ist Texte online unterzubringen, weil dort die Qualitätskriterien so viel geringer seien, hoffe ich auf ein sinngemäßes “das ist natürlich völliger Blödsinn, weil…”. Leider suche ich solche klarstellend korrigierenden Aussagen vergeblich. Dafür gibt es statt positiver Beispiele, wie man es besser macht oder etwas ändern kann, jede Menge fadenscheiniger Argumente warum man um das Thema Online als angehender Journalist möglichst einen großen Bogen machen sollte. Das man sich statt Schwarz-Weiß-Denke auch zwischen den Medienwelten bewegen kann/muss/sollte zieht man anscheinend gar nicht erst in Betracht.
Deshalb bleibt mir nur noch der Verweis auf das, was u.a. Christian Jakubetz, Ulrike Langer, Marcus Boesch und Peter Schumacher schreiben. In der Neuauflage des “Handbuchs” sind so viele Aufreger drin, von schlechter Recherche, falschen Begrifflichkeiten, falschen und damit sinnentfremdenden Zitaten (ausgerechnet Thomas Knüwer wurde falsch zum Verhältnis Print/Online zitiert) über uralte Klischees (Journalisten vs Blogger, Online schlecht/Print gut), dass man nur noch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte. Ich spare mir hier alle Details nochmal aufzuzählen. Wer mag und Bedarf an gesteigertem Blutdruck hat möge den genannten Links folgen.
Nachtrag: Schneider legt im heutigen Meedia-Interview zur Kritik an der Neuauflage nach. Jeder möge sich seine eigene Meinung bilden.
Schreibe einen Kommentar